Teil 4: Im Nachhinein - Wie alles funktionierte!

Als ich später am Tag an Land ging und bärtig und schmutzig in gelbes Ölzeug und schwarze Gummistiefel gekleidet die Hauptstraße entlang lief, war ich sehr verlegen und kam mir fremdartig vor wie ein Wesen von einem anderen Stern (ein Vollbad und eine Rasur heilten mich von dieser Wahrnehmung). Nach zwei Monaten des Nichtgebrauchs waren meine Beine wackelig und ich brauchte eine ganze Woche, um mich zu erholen. Die andere Merkwürdigkeit war ein heftiges Verlangen nach Graubrot und Butter, welche in Falmouth problemlos erhältlich waren!

Bei meiner Ankunft wog ich nur zwei Pfund weniger als üblich und verzeichnete keinerlei Beeinträchtigung durch die Konservennahrung. Ich hatte nur noch genug zum Essen für weitere drei Tage an Bord aber ich hätte die Vorräte auch beträchtlich strecken können. Durch die kalte Witterung hatte ich deutlich weniger Trinkwasser verbraucht und immer noch 40 Liter übrig.

Schon früh während der Reise hatte ich meinen ursprünglichen Plan aufgegeben, bereits einen Monat nach meiner Ankunft zurückzusegeln, so dass ich das Boot eine Woche später aus dem Wasser nahm und in der Tregatreath-Werft am Fal River ins Winterlager stellte.

Die meisten Veränderungen, die ich an Bord vornahm, hatten gut funktioniert. Die Persenninge über Vorluk, Hauptschott und Backskistendeckel hatten die minimale Abdichtung der Shark ausgeglichen. Das Brückendeck/Beibootstaufach verringerte die Wasseraufnahme und das Gewicht des überfluteten Cockpits und hielt die Wassermassen von der Kabine fern. Es bereitete darüber hinaus eine größere Sitz- und Liegefläche. Der Deckel dieses Staufachs war mit einem dünnen Bändsel gesichert, und ich hatte  direkt daneben ein scharfes Messer angebracht, so dass ich jederzeit schnell an das Beiboot herankonnte. Ich hatte eine handausgelöste CO2-Flasche am Beiboot befestigt und auch Wasser, Angelausrüstung und ein Solar-Destilliergerät aus militärischem Bestand beigepackt.

Über den Kurzwellenempfänger erhielt ich die für die Navigation erforderlichen Zeitsignale, den Wetterbericht für die Küsten der USA, dem ich entnehmen konnte, was mir bevorstand sowie Gesellschaft in Form der Kurzwellenprogramme von BBC und US-amerikanischen Sendern. Der Empfang wurde durch die Antenne in Form des isolierten Achterstags (Balun) erheblich verbessert.

Ich hatte Glück, dass die tropischen Wirbelstürme in diesem Jahr eher in Belize über Land kamen, als daß sie den Nordatlantik durchzogen. Das balancierte Ruder hatte zuvor die auf die Beschläge einwirkenden Kräfte erhöht, aber zur Stabilisierung der Selbststeueranlage beigetragen. Meine heutige Meinung zum Thema Ruderbeschläge ist die, daß man in der Lage sein sollte, das gesamte Boot am Ruder hochzuheben – mindestens.

Ich kam mit der Dosennahrung gut klar, obwohl ich Kartoffeln und  Zwiebeln, die ich in Bermuda kaufte, einige Wochen frischhalten konnte. Ich trank prinzipiell die Flüssigkeit aus der Dose oder benutzte sie zum Kochen. Die in Florida gekauften Eier (sieben Dutzend) wurden mit Vaseline bestrichen und in ihren Kartons transportiert. Sie hielten sich bis nach England, trotz der vielen Tage mit Temperaturen von 21° C – 27° C. Ich erwähnte bereits, dass ich Kekse statt Brot aß, was mir prima bekam (ich erinnere nur an Schiffszwieback auf den alten Seglern!), aber ich sehnte mich trotzdem nach richtigem Brot. Butter führte ich in Dosen mit.

Unter fast allen Seegangsbedingungen erwies sich mein am Hauptschott an Steuerbord kardanisch aufgehängter Sea-Swing-Herd mit dem darunter angebrachten Kerosin-Ofen als zuverlässig. Am Backbord-Schott befand sich eine kardanisch aufgehängte Kerosinlampe. Ich besaß eine Ballhed Bordtoilette mit Rumpfdurchlaß an für die 1968er Sharks typischer Position. Darüber hinaus hatte ich eine Seewasser-Armatur mit separatem Rumpfdurchlaß und einer Fußpumpe, die ich natürlich nie unmittelbar nach der Bordtoilette bediente.

Ich führte einfache Handwerkzeuge für die Holz- und Metallbearbeitung sowie reichlich Edelstahl-Bauteile in Shark-gerechten Größen, Nicopress-Werkzeug und Terminals zur Herstellung von Ersatz-Stagen mit mir. Um für fremden Radar sichtbar zu sein, brachte ich einen hölzernen selbstgebauten Reflektor an, dessen Innenfläche mit Metallfolie ausgeschlagen war und den ich im Masttop anbrachte. Nachdem dieser weggespült worden war, verwendete ich einen mit zerknüllter Alufolie ausgestopften Tupperware-Behälter, den ich ins Rigg hochzog. Nachts segelte ich mit einer ebenfalls ins Rigg hochgezogenen Kerosin-Ankerlaterne mit Fresnellinse – in der schwachen Hoffnung, dass die Anderen gehörig Ausguck halten würden. Viel wichtiger aber war, dass ich mich von den Schiffahrtsstraßen fernhielt und dass ich selbst einigermaßen Ausguck hielt, wenn ich doch eine kreuzen musste.

Da ich lange vor der Erfindung des GPS unterwegs war, navigierte ich mittels Sextant, nautischem Almanach und astronomischen Tafeln, und ich erreichte meine Landungspunkte wie erwartet.

Ich trug an Deck nur sehr selten meinen Lifebelt, aber ich beherzigte die Regel „eine Hand fürs Boot“ und hielt meinen Schwerpunkt immer über dem Rumpf, wenn ich nach vorne krabbelte. Die Vorstellung, das Boot unter Selbststeuerung von mir wegsegeln zu sehen, genügte, dass ich mich jederzeit ordentlich festhielt. Auf dem offenen Meer sind die Wellen zwar hoch, besitzen jedoch eine große Wellenlänge, so dass ein kleines Boot einfach sachte mit ihnen steigt und fällt, mit guter Aussicht auf dem Wellenkamm und keinerlei Sicht im Wellental. Brechende oder rollende Wellen bei Starkwind sind aber eine ganz andere Geschichte und sobald der brechende Anteil höher als ein Meter ist (ungefähr dem Tiefgang der Shark entsprechend), kann ein kleines Boot allzuleicht seitwärts gedreht und umgeworfen werden, wie ich selbst erlebt hatte.

Die meiste Zeit segelte ich mit gerefftem Groß und Arbeitsfock. Daß der von Hinterhoeller empfohlene stärkere Mast bei meiner Kenterung gebrochen war, lag unter anderem daran, dass der Vorstagsbeschlag aus dem Mast herausgerissen wurde. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nur die Arbeitsfock gesetzt.

Wenn ich das nächste mal auf See gehe, werde ich einen großen Fallschirm-Treibanker mitnehmen, der es erlaubt, das Boot mit dem Bug zu den Wellen festzusetzen. Dadurch kämen alle Wellen mehr oder weniger direkt von vorn über, was insbesondere für ein kleines Boot enorm wichtig ist! Dieses Vorgehen hat einen weiteren Vorteil für den Einhandsegler: Dadurch, dass man an einer Stelle bleibt, zieht der Sturm schneller über einen hinweg und man hat ein kleines bisschen Ruhe. Wenn man vor dem Sturm abläuft, dauert es wesentlich länger und man muß die ganze Zeit Ruder gehen und erschöpft sich rasch.

Wenn es eine Lektion gibt, die ich durch die Lektüre vieler Bücher über das Einhandsegeln auf Langstrecke gelernt habe, dann ist es die, wie gefährlich Erschöpfung ist. Wenn man müde ist, macht man Fehler – Ich nahme jede Gelegenheit zum Schlafen wahr - auch bei gutem Wetter, um für schlechtes vorbereitet zu sein.

Die Shark ist ein zähes kleines Boot und sehr gut verarbeitet. Nach Verkleinern des recht  großen Cockpits und nach zusätzlicher Abdichtung verträgt sie eine Menge Schwerwetter. Für Langfahrten auf dem offenen Meer wäre ein Skeg vor dem Ruder optimal und wenn ich mich noch einmal mit einer Shark aufmachen sollte, würde ich eins anbringen. Als Alternative könnte man das herkömmliche Shark-Ruder zusammen mit einer Windsteueranlage einsetzen, die ein Hilfsruder besitzt,  so daß das eigentliche Ruder der Shark die Funktion eines Skegs übernehmen würde. Auf hoher See steuert man tagelang denselben Kurs, so daß besonders feinfühlige Steuereigenschaften unnötig sind. Ein zusätzliches Skeg würde die Ruderbeschläge erheblich entlasten.

Wenn Du eine Shark besitzt, kannst Du überall hinsegeln. Wenn Du Dich gut vorbereitest und gesunden Menschen- (See-) Verstand mitbringst, wird es nicht die Shark sein, die Dich im Stich läßt.

(Randal Peart)